Über kaum ein Thema gibt es so viele Mythen, falsche Erwartungen oder völlig unsinnige Tipps von angeblichen Experten.
Batterie-Degradation bei Elektroautos
Die Hochvoltbatterie von Elektroautos als teuerstes Bauteil verunsichert, viele Menschen, die grundsätzlich an einem E-Auto interessiert sind.
In diesen Video gehe ich auf die neuesten Erkenntnisse der Batterieforschung ein, nenne die Unterschiede bezüglich der Haltbarkeit zwischen verschiedenen Herstellern von Hochvoltbatterien und gebe dir einen Überblick über die besten Garantien für die Lebensdauer der Batterien.
Hallo, ich bin Dirk Henningsen und als ich 2017 meine ersten Elektroautos gekauft habe, steckte die Batterieforschung, vor allem, was die praktischen Erfahrungen anging, noch in den Kinderschuhen.
Es gab im Prinzip zwei Lager, den Überflieger Tesla und alle anderen.
Tesla hatte schon damals Batteriegrößen von 70 kWh bis 90 kWh, während die anderen eher zwischen 20 kWh bis 30 kWh angeboten haben.
Das gleiche Bild bot sich bei der Ladeleistung. Die Fahrzeuge von Tesla konnten mit 120 kW in der Spitze laden die anderen mit knapp 50 kW oder in wenigen Ausnahmen bis zur 70 kW.
Fairerweise muss man sagen, dass selbst Tesla sich nicht im Klaren war, was die Batterien seiner Fahrzeuge wirklich verkraften konnten.
Heute, fast acht Jahre später, gibt es Erfahrungswerte aus der Praxis mit den unterschiedlichsten Batterietypen und Fahrprofilen.
Bevor wir uns die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick anschauen, ein kurzer Hinweis:
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Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
Batterien halten länger als gedacht
Eine realistische Nutzung führt zu längerer Lebensdauer als im Labor ermittelt
Schnellladen kann die Halterung verstärken, muss es aber auch nicht
Die Auswirkungen eines hohen Ladehubs so wie regelmäßigem Laden auf 100 % sind bei E-Autos anders als bei anderen Akkus
Die Auswirkungen des Batterie-Thermalmanagement sind größer als gedacht
Batterien halten länger als gedacht:
Eine Studie von Wissenschaftlern des Battery Center in Stanford (SLAC) belegt, dass Batterien 40 % länger halten als ursprünglich gedacht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Batterien im realen Fahrbetrieb – mit häufigem Beschleunigen, Bremsen sowie kurzen Ladestopps und stundenlangem Ruhen – eine längere Lebensdauer haben.
Die Professoren ermittelten eine durchschnittliche Lebensdauer von 313.000 Kilometern oder 14 Jahren, bevor die Batterie ihre Leistungsfähigkeit verringert.
Eine weitere Studie analysierte mehr als 7.000 Elektroautos und kam zu dem Ergebnis, dass die Batterien viel länger halten als erwartet und kaum an Reichweite verlieren, selbst bei hoher Laufleistung. Selbst mit 200.000 oder 300.000 Kilometern auf dem Tacho verfügen Elektroautos im Schnitt noch über 87 Prozent SoH (State of Health).
Realistische Nutzung führt zu längerer Lebensdauer:
Die Alterung von Batteriezellen wird meist mit konstanten Lade- und Entladeströmen ermittelt.
Die Untersuchung ergab, dass die Lebensdauer steigt, je realistischer das Fahrprofil simuliert wird.
Die geringste Lebensdauer lieferten konstante Ströme, gefolgt von periodischen Profilen.
Konkret könnten die dynamischen Nutzungsprofile dazu führen, dass sich die Lebensdauer um bis zu 38 Prozent verlängert.
Schnellladen kann die Alterung verstärken:
Schnellladen kann die Alterung zusätzlich zum normalen Altern um bis zu 17 Prozent verstärken.
Ein E-Auto-Akku, den man ausschließlich schnell lädt, verliert mit der Zeit fast ein Fünftel seiner Speicherkapazität mehr als einer, der nur an der Wallbox betankt wird.
Bei Fahrzeugen mit einer Laufleistung von 180.000 bis 200.000 km nimmt die Batteriegesundheit um bis 17 Prozentpunkte stärker ab als bei Fahrzeugen ohne Schnellladeanteil.
Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass bei Fahrzeugen mit guter Batterieklimatisierung die Batterie auch bei häufigem Schnellladen nicht leidet, weil die Temperatur der Batterie niedrig bleibt.
Auswirkungen von hoher Ladung:
Die meisten aktuellen Batterien mögen es nicht, wenn man sie bis zur 100-Prozent-Grenze auflädt oder vollständig entlädt. Das zieht die Zellchemie in Mitleidenschaft und beschleunigt wie Schnellladen den Abbau der Leistungsfähigkeit.
Allerdings gilt hier eine Einschränkung. Viele Autohersteller bauen einen Puffer über 100 % ein. Dadurch ist es unmöglich, die Batterien zu 100 % zu laden weil diese angezeigten 100% einem tatsächlichen Akkufüllstand von z.B. 95% entsprechen. Eine Ausnahme ist Tesla, aber auch Lucid, die tatsächlich ohne Puffer arbeiten und somit die Batterie bis zu 100 % nutzbar machen.
Des Weiteren ist die Aussage auch abhängig von der Zellchemie. LFP-Batterien sind zum Beispiel deutlich widerstandsfähiger als Lithium Ionen Batterien und können somit häufiger auf 100 % geladen werden, ohne dass schädliche Auswirkungen auftreten als die Lithium Ionen Batterien.
Batterieklimatisierung:
Bei Fahrzeugen mit guter Batterieklimatisierung leidet die Batterie auch bei häufigem Schnellladen nicht, weil die Temperatur der Batterie niedrig bleibt. Umgedreht kann ein nur selten schnellgeladenes Auto zusätzliche Batteriedegradation aufweisen, wenn es eben eine schlechte Batterieklimatisierung hat.
Hintergrund ist der, dass zum Beispiel beim Nissan Leaf schon durch das Fahren im Sommer die Batterie überhitzt und somit geschädigt werden kann. Dieses Fahrzeug hat kein Thermalmanagement und eine extrem eng gepackte Batterie die zur Überhitzung neigt.
Welchen großen Einfluss die Batterieklimatisierung auf die Lebensdauer der Batterie hat, war auch für Tesla eine Überraschung. Bis zum Mai 2019 wurde zum Beispiel der Anteil von Schnellladungen bei den Model S & X gezählt und wenn dieser eine bestimmte Grenze überschritten, hatte die Ladeleistung reduziert.
Ab Mai 2019 hat Tesla dann ein temperaturabhängiges Ladeprofil eingeführt, was die Ladeleistung an die Batterietemperatur angepasst hat.
Weil selbst die normalen Model S und X die Batterien vorwärmen konnten, hat Tesla die vorhanden Hardware für das Thermalmanagement nutzen können.
Noch ein Blick in meine Praxis:
Ich habe mein Tesla Model S75 146.645km 5,5 Jahre gefahren und da beim einen sehr hohen Anteil an Ultraschnellladungen am Supercharger gehabt.
Das hatte dann 2018 sogar dazu geführt, dass die Ladeleistung für einige Monate reduziert worden ist, bis diese Regelung aufgehoben worden ist.
Trotz der Laufleistung und intensiven Nutzung hatte mein Fahrzeug nur eine geringe Degradation von 7,8%, so dass die nutzbare, typische Reichweite von 379 um 30 Kilometer auf 349km gesunken war.
Gibt es Unterschiede in der Haltbarkeit zwischen verschiedenen Herstellern von Hochvoltbatterien?
Die Lebensdauer von Hochvoltbatterien in Elektrofahrzeugen kann je nach Hersteller variieren.
Faktoren wie Produktionsprozesse, verwendete Batterietypen und das Batteriemanagementsystem (BMS) beeinflussen die Lebensdauer.
Einflussfaktoren auf die Haltbarkeit:
Batterietyp:
Lithium-Ionen-Batterien werden in verschiedene Typen unterteilt, darunter LFP-Batteriezellen (Lithium-Eisenphosphat) und NMC-Batteriezellen (Nickel, Mangan, Kobalt).
LFP-Zellen sind bekannt für ihre lange Lebensdauer und können bis zu 3.000 Zyklen erreichen. Bei einer realen Reichweite von zum Beispiel 300 km reden wir hier von einer Laufleistung von 900.000 km bei 3000 Zyklen.
NMC-Zellen haben eine hohe Energiedichte, erfordern jedoch aufwendige Kühlung und Heizung, was sie teurer macht.
Produktionsprozess:
Unterschiedliche Hersteller haben unterschiedliche Standards und Produktionsprozesse, was sich auf die Lebensdauer der Batterien auswirkt. Ein strengerer Prozess mit weniger Verunreinigungen kann zu einer längeren Lebensdauer der Lithiumbatterie führen.
Gut zu sehen, ist dies bei den wiederholten Rückrufen verschiedener Hersteller, dir fehlerhafte Akkus austauschen mussten.
Herstellung des Batteriepacks:
Die Abstimmung der Ausrüstungsparameter, die Auswahl der Batterien, der Vibrations- und Explosionsschutz der Batteriestruktur, das Design und die BMS-Parameter (Batterie-Management-System) beeinflussen die Leistung des Akkupacks. Eine optimale Kombination dieser Faktoren führt zu einer größeren Reichweite und einer längeren Lebensdauer.
Batterieklimatisierung:
Eine gute Batterieklimatisierung sorgt dafür, dass die Batterie auch bei häufigem Schnellladen nicht leidet, da die Temperatur niedrig bleibt.
Nutzungsgewohnheiten:
Eine schonende Nutzung der Batterien, wie z.B. das Vermeiden von extremer Sonneneinstrahlung, das Lagern in einer trockenen Umgebung und das Vermeiden von Tiefentladungen, kann die Lebensdauer schon vor dem Einbau ins E-Auto verlängern.
Welche Hersteller bieten die besten Garantien für die Lebensdauer ihrer Batterien?
Einige Hersteller von Elektroautos bieten im Vergleich zu anderen längere oder umfassendere Garantien für ihre Hochvoltbatterien an. Die Garantien variieren in Bezug auf die Laufzeit (Jahre), die Kilometerbegrenzung und die garantierte Mindestspeicherkapazität.
Hersteller mit besonders langen oder umfassenden Garantien:
Lexus: Bietet mit 10 Jahren oder 1 Million Kilometern die derzeit längste Garantie auf den Akku des UX300e.
Mercedes-Benz: Gewährt für den EQS eine Garantie von 10 Jahren oder 250.000 Kilometern.
MG: Gewährt auf dem thailändischen Markt eine lebenslange Garantie auf die Hochvolt-Komponenten von vier seiner Elektromodelle, unabhängig vom Kilometerstand.
SVolt Energy: Der chinesische Batteriehersteller SVolt Energy präsentierte einen Akku, der eine Laufleistung von bis zu 600.000 Kilometern erreichen soll, und gewährt 15 Jahre oder mehr als 5.000 vollständige Lade- und Entladezyklen Garantie.
Tesla: Bietet je nach Modell unterschiedliche Garantien, z.B. 8 Jahre oder 240.000 Kilometer für Model S/X und 8 Jahre oder 160.000 Kilometer für Model 3 SR+.
Die meisten anderen Hersteller bieten eine Standardgarantie von 8 Jahren oder 160.000 Kilometern mit einer garantierten Mindestspeicherkapazität von 70%. Einige Hersteller weichen von diesem Standard ab, z. B. Kia mit 7 Jahren oder 150.000 Kilometern und BMW mit 8 Jahren, aber nur 100.000 Kilometern.
Natürlich decken die Garantien auch Defekte ab, sie beziehen sich somit nicht nur auf die Akkualterung.
Wie wirkt sich die Garantie auf die Entscheidung für einen bestimmten Elektroautohersteller aus?
Ich habe 2017 mein Tesla Model S75 mit ruhigen Gewissen gekauft, da die Batterie und Antriebseinheit eine Garantie von acht Jahren ohne Begrenzung der Kilometer hatte.
Somit habe ich mir gesagt, dass das teuerste Bauteil meines Fahrzeugs für acht Jahre geschützt ist und ich somit vor überraschenden Kosten.
Mittlerweile wissen wir, dass die Batterien von Tesla gut repariert werden können und es haben sich immer mehr Werkstätten gegründet, die diese Reparaturen durchführen können. So sind die Fahrer von älteren Fahrzeugen vor hohen Kosten, die der Austausch der gesamten Batterie mit sich bringen würde geschützt.
Was hätte ich gerne vor dem Kauf meines ersten Elektroautos über die Batterie-Alterung gewusst?
Hätte ich gewusst, dass das ultraschnelle Laden meines Tesla Model S keine Auswirkungen auf die Batteriealterung hat, hätte ich mir die eine oder andere Sorge sparen können. So habe ich, vor allem weil ich wusste, dass Tesla bei zu häufigem Schnellladen die Ladeleistung reduziert öfter eine extra Runde eingelegt, nur um anstatt schnell langsam laden zu können.
Das hat dann zum Beispiel dazu geführt, dass ich bewusst Übernachtungen in Langstreckenfahrt eingebaut habe und diese mit langsamen Laden an einem Typ-2-Lader genutzt habe.
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass gerade moderne Elektroautos mit einem Thermalmanagement so wie unempfindlicher Zellchemien von Hochvoltakkus die Nutzung eines Elektroautos immer leichter machen und die Lebensdauer erhöhen.
Ich hoffe das Video hat dir gefallen. Wenn du Fragen, Anregungen, Kommentare oder Korrekturen hast, hinterlasse sie gerne unter dem Video. Und denke an das Abonnieren meines YouTube-Kanals. Es ist in Sekunden gemacht und kostet nichts.
Ich freue mich, wenn wir uns im nächsten Video sehen.
Bis dann.
Dein Dirk Henningsen
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