Autohersteller lügen bei E-Auto-Kosten: Die Wahrheit über die Höhe der Kosten für Inspektion und Reparaturen
- Dirk Henningsen
- 21. März
- 8 Min. Lesezeit
Zu hohe Kosten für die Inspektion von Elektroautos
Die überraschend klaren Gründe für die hohen Kosten bei E-Autos und warum dies nur eine vorrübergehende Erscheinung ist
Der Werkstattmonitor vom TÜV-Rheinland zeichnet ein katastrophales Bild. Die wenigsten E-Auto-Fahrer empfehlen ihre Werkstatt weiter. Der Grund. Zu hohe Kosten für die Inspektion.
Auch meine persönliche Erfahrung und die von anderen Kia-Fahrern aus dem Kia EV6-Forum zeigt, die Kosten für die Inspektion schwanken beim EV6 zwischen 200 - 850 Euro für die erste Inspektion und sind gerade 2024 massiv angezogen.
Dabei heißt es von den Verkäufern und Autoherstellern nach wie vor, dass E-Auto deutlich wartungsärmer sind und somit geringere Kosten haben als Autos mit Verbrennungsmotoren.
Tesla, schreibt sogar keine Wartungsintervalle für die Erfüllung der Garantie vor, so dass der grundsätzlichen Wartungsempfehlung nur sehr wenige Tesla-Fahrer folgen und an dieser Stelle Kosten sparen.
In diesem Video schaue ich mir transparent an, welche Kosten entstehen können, wer sie bezahlen muss und wer die Lage schönredet, so dass sich E-Auto-Fahrer abgezockt fühlen.
Hallo, ich bin Dirk Henningsen und fahre seit 2017 nur Elektroautos. Dadurch war ich mit ihnen schon bei einigen Inspektionen, habe z.B. beim Wiederaufbau meines Smart ED 451 auch einige Reparaturen durchführen lassen und kenne die Kosten von unterschiedlichen Herstellern, Modellen und Werkstätten.
Bisher konnte ich immer im Brustton der Überzeugung sagen, dass die Kosten für E-Autos geringer sind als für Autos mit Verbrennungsmotor. Doch das ändert sich gerade und zwar aus diesen Gründen.
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Fakt ist, Elektroautos sind aufgrund ihrer einfacheren Technik wartungsärmer als Autos mit Verbrennungsmotoren.
Auch bei den Verbrennern sind die Kosten für Ersatzteile und Wartung seit 2013 um 35% gestiegen und dieser Trend hat sich auch in den letzten Jahren fortgesetzt, da diese immer komplexere Abgasreinigungstechnologien haben.
Wie sich im Verhältnis zu den Verbrennern die Kosten bei E-Autos entwickelt haben, konnte ich nicht marktübergreifend ermitteln, da es keine repräsentative Zahlen gibt, dafür sind viele E-Autos noch zu neu, zu selten in der Werkstatt und die Anzahl im Vergleich zu den Verbrennern zu gering, Ende letztes Jahres waren 3,3% der Autos in Deutschland E-Autos.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Preisentwicklung für Ersatzteile bei Verbrennern und E-Autos relativ gleich sein sollte, wir können somit auch hier von spürbar steigenden Kosten in den letzten Jahren ausgehen.
Während beim Verkauf von E-Autos oder auch auf den Informationsseiten der Hersteller gerne von wartungsarmen E-Autos gesprochen wird, fällt eine Tatsache unter den Tisch, die zumindest aktuell und in den nächsten Jahren zu dem Preistreiber geworden ist, den die 1.600 E-Auto-Fahrer in der TÜV-Studie als Grund nennen, warum sie beim nächsten Mal die Werkstatt wechseln und sie nicht weiter empfehlen wollen.
Um E-Autos reparieren oder warten zu können müssen und mussten die Werkstätten erhebliche Investitionen in ihre Ausstattung und in die Ausbildung der Mitarbeiter vornehmen.
Nur als Beispiel. Letztes Jahr hat Kia sein Werkstattnetz um 25% unter anderem deswegen reduziert, weil ein Viertel der Werkstätten nicht bereit waren die hohen Investitionen vorzunehmen, die die starke Ausrichtung von Kia auf die Elektromobilität mit sich bringt.
Meine Stammwerkstatt hatte z.B. nur 2 Personen, die den großen Hochvoltschein hatten. Als der eine in Elternzeit und der andere krank war musste ich monatelang warten, bis die Garantiearbeiten an meinem Auto erledigt werden konnten.
Von welchen Investitionen sprechen wir im Allgemeinen und wie hoch sind deren Kosten?
Investitionskosten für neue Geräte und Ausrüstung:
Die Höhe der Kosten richtet sich natürlich auch immer nach der Größe der Werkstatt, der Anzahl der Mitarbeiter und der vorhandenen Hebebühnen.
Grundsätzlich kann man sagen, dass folgende Ausrüstung erforderlich ist:
1. Spezielle Werkzeuge: VDE-isolierte Werkzeuge sind erforderlich, um sicher an Hochvoltkomponenten zu arbeiten.
2. Ladestationen: Notwendig für die Wartung und Reparatur von Elektrofahrzeugen. Sinnvoll ist hier nicht nur eine AC-, sondern auch eine DC-Ladestation zu haben und RFID-Karten oder Apps für die Ladung an der öffentlichen Ladestation vorzuhalten. Ich sage das so detailliert, weil z.B. meine alte Kia-Werkstatt die Überhitzung meines E-Autos nach dem Standardladevorgang an einer Ultraschnellladestation nicht dokumentieren konnte, weil sie keine RFID-Karte hatten und somit das Auto nicht laden konnten.Die Garantiebedingungen von Kia sehen aber eine Dokumentation durch die Werkstatt vor, ohne die das Problem nicht im Rahmen der Garantie gelöst werden kann. Aber das ist ein anderes Thema.
3. Hubvorrichtungen: Spezielle Hebebühnen, wie Scherenbühnen, sind erforderlich, um an das Batteriemodul zu gelangen.Einigen E-Auto-Fahrern wurde auch gesagt, dass die vorhandene Hebebühne zu schwach sei, um die schweren E-Autos anzuheben, das halte ich aber für eine faule Ausrede, da die meisten Hebebühnen nach meinen Informationen für PkWs also bis zu 3,5t ausgelegt sein sollten.
4. Prüfgeräte: Spezielle Prüfgeräte sind notwendig, um die Hochvoltkomponenten zu überprüfen.
Zu der Gruppe zählen auch Diagnosegeräte, die zumindest die Fachwerkstätten im Gegensatz zu den freien Werkstätten von den Autoherstellern mit branchenüblichen Kosten gestellt bekommen. Hier entstehen somit keine zusätzlichen Kosten, sondern branchenübliche Kosten, die aber auch erheblich sein können, da sie regelmäßig als Lizenzzahlungen fällig werden.
Kosten für Ausbildungen und Zertifizierungen
1. Hochvolt-Schulungen: Diese Schulungen sind nach DGUV Information 209-093 erforderlich und kosten ab etwa 1.365 € pro Person und können sich nach meinen Recherchen auf rund 2.500 € pro Mitarbeiter erhöhen, wenn dieser alle Hochvoltscheine hat.Nur mal als Anhaltspunkt. Die Einweisung eines Verkäufers kostet rund 80 Euro, Werkstattmitarbeiter die einfache Arbeiten wie Reifenwechsel oder keine Arbeiten am Hochvoltsystem durchführen kostet 160 Euro.
Arbeit ein Mitarbeiter an spannungsfreien Hochvolt-System kostet die Ausbildung 960 Euro, für unter Spannung stehende Hochvolt-Systeme 1.365 Euro.
2. Qualifizierung für Hybrid- und Elektrofahrzeuge: Die Qualifizierung des Personals ist entscheidend, um als Fachbetrieb für Hybrid- und Elektrofahrzeuge zertifiziert zu werden und mit sehr unterschiedlichen Kosten und Ausfallzeiten abhängig vom Hersteller verbunden.
3. Jährliche Sensibilisierung: Jährliche Unterweisungen sind notwendig, um die Mitarbeiter über die Risiken der Hochvolttechnologie zu informieren.
4. Zeitaufwand für Schulungen: Alleine für die Hochvoltschulungen fallen 3 - 5 Arbeitstage an in denen die Mitarbeiter ausfallen und dadurch zusätzliche Kosten durch Arbeitsausfall entstehen.
Weitere Kosten
1. Investitionskosten für die technische Aufrüstung: Diese können je nach Ausstattung zwischen 10.000 € und knapp 50.000 € betragen. Teilweise auch deutlich mehr, abhängig von der Größe des Betriebes.
Alle diese Kosten muss ein gewinnorientiert geführter Betrieb wieder über die Einnahmen erwirtschaften.
Weil bei E-Autos zwei Faktoren zusammen kommen, führt das zu deutlich höheren Kosten.
Zum einen haben E-Autos weniger Reparaturen oder Servicearbeiten, die natürlich auch zu einem geringeren Arbeits- und Teileaufwand und dadurch zu einem geringeren Umsatz pro Fahrzeug führen. Zum anderen die hohen Investitionskosten, die sich amortisieren müssen.
Das führt dann zu so skurril anmutenden Situationen wie bei dem Anhänger-Test von Chris vom Kanal Carmaniac, das Werkstätten ihren Kunden Ersatzteile zum Selbsteinbau in die Hand drücken, da sie selber die Tätigkeit aufgrund der fehlenden Qualifikation der Mitarbeiter nicht vornehmen können.
Langfristig ist das natürlich keine Lösung, so dass die Betriebe, die in die Ausbildung und Ausstattung investiert haben oder investieren wollen nur eine Wahl haben, die Preise für ihre Leistungen anzupassen.
Dies wird in der Regel durch höhere Stundensätze, Zuschläge für vorbereitende Arbeiten am Hochvoltsystem, ja sogar mit einer Beteiligung an den Ausbildungskosten erreicht.
Häufig wird auch die Meisterstunde und nicht die von "einfachen" Werkstattmitarbeitern abgerechnet, weil die am besten qualifizierten Mitarbeiter am Auto arbeiten müssen und nur wenige Tätigkeiten von geringer qualifizierten Mitarbeitern zu günstigeren Stundensätzen vorgenommen werden können.
Erfreulich ist, dass immer mehr Hersteller die Wartungsintervalle, vor allem bei E-Autos erhöhen. So gehört mein Kia EV6 zu den ersten Kia Modellen, die ein Wartungsintervall von 30.000km bzw. 2 Jahren haben, vorher war der Standard bei Kia 15.000km und 1 Jahr.
Schaut man sich die Preise zwischen einem Kia Sportage mit Verbrennungsmotor an, die nach 15.000km und einem Jahr bei gut 300 Euro für die kleine Inspektion liegen, oder bei neueren Modellen mit einem größeren Wartungsintervall bei rund 450 Euro, so liegen sie auf oder über dem Niveau vom Kia EV6 mit um die 450 Euro, die ich nach einer nicht repräsentativer Einschätzung der Rückmeldungen im Kia EV6- Forum als Mittelwert für die erste Inspektion ansetzen würde.
Bei anderen Modellen und Herstellern kann das anders sein, schreibe doch gerne mal deine Erfahrungen zu Inspektionskosten in die Kommentare unter dem Video.
Fazit:
Zusammenfassend lässt sich sagen.
Die Verkäufer und Autohersteller sollten endlich klare Aussagen zu möglichen Folgekosten treffen. Ein generelles E-Auto-haben-geringere-Wartungskosten-als-Verbrenner schafft nur eine Erwartungshaltung bei den E-Auto-Käufern, die nicht immer zu halten ist.
Auch wenn E-Autos länger halten, einfacher zu reparieren und zu warten sind als Verbrenner mit ihrer komplexeren Technik, sind die Kosten aktuell pro Einsatz in Relation zum Arbeitsumfang höher als beim Verbrenner. Das kann dazu führen, dass die Kosten nur etwas unter dem Niveau von Verbrenner liegen oder sie im schlechtesten Fall sogar übersteigen.
Meine persönliche Prognose ist jedoch, dass dies nur für eine Übergangszeit der Fall ist, denn je mehr E-Auto-Fahrer die Investitions- und Ausbildungskosten tragen, desto geringer muss der Aufschlag pro Kunde sein.
Das die Übergangszeit relativ kurz sein kann zeigen die Zulassungszahlen vom Februar dieses Jahr.
Die meisten Neuzulassungen mit 28,5% sind auf Hybridfahrzeuge entfallen. Zusammen mit den reinen E-Autos die 17,7% Anteil hatten und den Plugin-Hybriden mit 9,6% waren 55,8% aller Fahrzeuge elektrifiziert.
Über die Hälfte aller neu zugelassenen Fahrzeuge hatte also ein Hochvoltsystem für das die Schulungen der Mitarbeiter und zumindest ein Teil der Investitionen in die Werkstattausstattung erforderlich waren.
Wird sich diese Entwicklung bei den Zulassungszahlen fortsetzen oder sogar steigern, wovon auszugehen ist, dann wird sie auch sehr zeitnah Spuren im Fahrzeugbestand hinterlassen und in den Werkstätten spürbar sein.
Es werden also auf immer mehr Autofahrer die Kosten verteilt werden, so dass sie für den einzelnen sinken werden. Vor allem für E-Auto-Fahrer, denn die Fahrer von Hybrid-Fahrzeugen oder Plug-in-Hybriden müssen ja für beide Technologien zahlen, den Verbrenner und den E-Antrieb.
Noch ein Tipp zum Schluss:
Eine Überlegung, um sich selber als E-Auto-Fahrer abzusichern ist, ein Wartungspaket zu kaufen. So hat dieses 2022 als ich den EV6 gekauft habe rund 1.000 Euro für 3 Inspektionen gekostet und hätte sich rückblickend bezahlt gemacht, wenn man die Preisspanne von 200 - 850 Euro alleine für die erste Inspektion oder einen Durchschnittspreis von 450 Euro pro Inspektion ansetzen würde.
Also frage durchaus bei dem Kauf eines E-Autos nach Wartungspaketen. Teilweise werden diese nicht aktiv angeboten oder auch bei Nachfrage nicht empfohlen weil sie sich früher oft nicht gelohnt haben.
Und auch ein Preisvergleich für Inspektions- und Reparaturkosten kann sich lohnen. So hat eine große Händler- und Werkstatt-Gruppe mit Standort Hamburg auch im Kieler Umland die hohen Hamburgerpreise, die 50% über denen in Kiel liegen. Gerade die kleinen Händler bzw. Werkstätten können ein echter Preistipp sein.
Ich hoffe das Video hat dir gefallen. Wenn du Fragen, Anregungen, Kommentare oder Korrekturen hast, hinterlasse sie gerne unter dem Video. Und denke an das Abonnieren meines YouTube-Kanals. Es ist in Sekunden gemacht und kostet nichts.
Ich freue mich, wenn wir uns im nächsten Video sehen.
Bis dann.
Dein Dirk Henningsen
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